Interview mit Elisabeth Maier zu KI, Texten und Frauen in der IT-Branche
von: Ursula Thomas-Stein, kategorien: Content, SEO & KI, Interviews, datum: 22.10.2020
Elisabeth Maier ist promovierte Informatikerin, mehrfache Gründerin und leidenschaftliche Mentorin. Als CEO beim Software-Haus Karakun AG in Basel begeistert sie sich zum Beispiel für KI-basierte Verfahren für Textanalysen und intelligente Suchen. Ich habe sie gefragt, was sie daran so spannend findet und welche Rolle Content und gute Texte für das Unternehmen spielen.
Es gibt sie ja – die Frauen in der IT-Branche, aber immer noch zu wenige. Warum?
Elisabeth Maier: Ich nehme an, dass diese Berufe für Frauen nicht besonders attraktiv erscheinen. Es gibt immer noch zu wenige weibliche Vorbilder in diesem Bereich. Das Bild, dass die IT kein Berufsfeld ist, in dem Frauen eine ausgewogene Life-Work Balance realisieren können, hält sich hartnäckig. Dabei wurden in den letzten Jahren viele flexible und innovative Arbeitsmodelle in der IT eingeführt, von denen man in anderen Berufsfeldern nur träumen kann. Zusätzlich gibt es viele Initiativen, die Mädchen und Frauen – teils bereits im Schulalter – die Arbeit einer Informatikerin nahebringen, zum Beispiel im Rahmen von Praktika, Hackathons, Mentoring und viele andere.
Was kann eine Frau im technischen Bereich besonders gut machen?
Maier: Ich habe den Eindruck, dass Frauen oft über die reine Technik hinausschauen und sie dann im Kontext beleuchten. Nicht umsonst findet man im Bereich des Usability Designs und der Software-Ergonomie prozentual sehr viel mehr Frauen als in den Kernbereichen der Informatik – also genau dort, wo es darum geht, technische Lösungen auf die Bedürfnisse der Benutzer zuzuschneidern. Aber auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz, die sich rasch entwickelt, sieht man sehr viele Frauen. Hier werden Systeme entwickelt, bei denen es um die Nachbildung von menschlichen Fähigkeiten geht, die dadurch für die Endnutzer sehr intuitiv sind.
Sie haben Karakun mitgegründet – was begeistert Sie an Ihren Software-Entwicklungen?
Maier: Mich freut vor allem, dass unsere Kunden sich dafür begeistern. Sie empfehlen uns weiter und sprechen auch gerne über die Werte und Verbesserungen, die wir für sie realisiert haben. Solche Resultate erreichen wir durch ein Team von exzellenten Software-Spezialistinnen und -Spezialisten, die sehr viel Spaß an der Software-Entwicklung haben, die gerne mit Kunden arbeiten und ihre Kenntnisse, die sie immer auf dem neuesten Stand halten, gerne mit Kunden und Kollegen teilen.
Was sind denn KI-basierte Verfahren für Textanalysen und intelligente Suchen?
Maier: Zunächst zu den KI-Verfahren. Hierbei handelt es sich um eine ganze Reihe von Ansätzen, mit denen man versucht, intelligente Handlungen von Menschen zu verstehen und in Software nachzubilden: Begonnen hat man damit, Regeln zu identifizieren, nach denen intelligente Systeme vorgehen. In den 1980er Jahren wurden dann verstärkt statistische Modelle eingesetzt, die auf der Basis von empirischen Daten intelligentes Verhalten trainieren konnten. Heutzutage wird stark auf das so genannte Deep Learning gesetzt, indem neue Ansätze implementiert werden, die sich stark an Ansätzen der Neurowissenschaften orientieren.
Ein Beispiel?
Maier: Diese Verfahren können auf alle möglichen Bereiche angewendet werden. Bei Karakun sind wir spezialisiert auf den intelligenten Umgang mit Texten: Zum Beispiel kann unsere Software erkennen, um was für einen Texttyp es sich bei einem bestimmten Dokument handelt. Das klingt zunächst nicht spektakulär – bis man sich die möglichen Anwendungen anschaut. Eingehende Beschwerden oder Anfragen zu einem Produkt können direkt an die entsprechende Kundenabteilung eines Unternehmens weitergeleitet werden. Im privaten Bereich kann eine solche Anwendung helfen, Mail-Attachments direkt in ein entsprechendes Dokument-Verzeichnis abzulegen, zum Beispiel in einen Folder namens Rechnungen oder Verträge. Das macht die Suche wesentlich einfacher und schneller, weil die Dokumente besser organisiert sind.
Mit welcher Strategie gehen Sie vor, um Ihr Angebot bekannt zu machen?
Maier: Wir nutzen eher unübliche Ansätze, um uns und unser Angebot bekannt zu machen: Viele unserer Software-Expertinnen und -Experten engagieren sich sehr stark in der Entwickler-Community, das heißt, sie halten Vorträge auf internationalen Tagungen, organisieren lokale Java-User-Groups, schreiben Blogs, veröffentlichen Artikel in renommierten Zeitschriften und tragen zur Entwicklung und Weiterentwicklung von Open-Source-Software bei. Dadurch erreichen wir eine hohe Sichtbarkeit, auch über die Ländergrenzen hinweg.
Was für Content, was für konkrete Textinhalte setzen Sie ein?
Maier: Wir setzen auf unterschiedliche Inhalte: Zunächst sprechen wir natürlich gerne über Anwendungen, die wir erfolgreich für unsere Kunden – und mit unseren Kunden – umgesetzt haben. Dann zeigen wir in unseren Texten auch Lösungswege auf für typische Probleme, die immer wieder von Kunden und Interessenten an uns herangetragen werden. Natürlich versuchen wir auch unseren Lesern ein Wegweiser zu sein im Dschungel der vielen Innovationen im Bereich der Softwareentwicklung. Und wir erklären auch, wie wir Kunden bei der Umsetzung ihrer Anforderungen unterstützen können.
Welche Ansprüche stellen Sie generell an Texte oder Web-Texte?
Maier: Ich denke, ich habe hohe Ansprüche, weil ich als Computerlinguistin zehn Jahre lang in der Forschung unglaublich viel schreiben musste. Und ich merke schnell, wenn jemand meine Vorstellungen verfehlt.
Was haben Sie denn für Vorstellungen?
Maier: Unsere Texte müssen zum Beispiel auf die beabsichtigten Adressatengruppen zugeschnitten sein. Es macht einen großen Unterschied, ob Entwickler oder IT-Manager angesprochen werden. Während die einen an stark technischen Fragestellungen interessiert sind und auch den IT-Jargon aus dem Effeff beherrschen, interessiert sich ein Manager eher für die Lösung von Business-Themen, wie zum Beispiel innovative Ansätze für die Erschließung neuer Business-Felder, die Erhöhung von Effizienzen oder die Senkung von Produktionskosten – technische Details sind für diese Lesergruppe eher zweitrangig.
Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit mit einer Texterin oder einem Texter besonders wichtig?
„Texter müssen komplexe Sachverhalte darstellen können, so dass ein Text bis zum Ende interessant bleibt“
Maier: Eine Texterin oder ein Texter müssen für die verschiedensten Lesergruppen schreiben können und sie dort abholen, wo sie sich bezüglich ihrer Interessen und ihres Know-hows am wohlsten fühlen. Sie müssen auch komplexe Sachverhalte darstellen können, so dass sich ein Text mit Leichtigkeit liest und bis zum Ende interessant bleibt. Leser merken meiner Ansicht nach, ob Autoren ein Thema im Innersten erfasst haben, und belohnen das dann auch entsprechend.
In welchen Medien sprechen Sie Ihre Zielgruppe an?
Maier: Unterschiedlich. Auf unserer Website sprechen wir Entscheider mit Case Studies an, genauso wie wir diese Gruppe auch über Linkedin bedienen. Entwickler holen wir ab über einen sogenannten Developer Hub, dort veröffentlichen wir technische Fachpublikationen, News aus der Community, Best Practices und so. Als Kanäle verwenden wir hier vor allem Twitter aber auch unsere eigenen regelmäßig erscheinenden Newsletter.
Sie engagieren sich ehrenamtlich als Mentorin in einem Frauennetzwerk – das führt uns wieder zu der Frage nach weiblichen Vorbildern …
Maier: Ich hatte in meiner Studienzeit großartige Unterstützung durch ein Netzwerk von Fördererinnen und Förderern. Diese Erfahrung will ich weitergeben. Mentoring ist ein Geben und Nehmen, auch als Mentorin nimmt man sehr viel von der Arbeit im Tandem mit, neue Perspektiven, neue Ansätze und vor allem schöne Freundschaften.